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Alleinerziehend: Ich kann nicht mehr

Fühlst Du Dich ausgebrannt, erschöpft und möchtest nichts lieber als deine Kinder Kinder sein lassen und einfach Mal gemütlich einen Tag alleine im Bett verbringen? Musst Du nun während dem Corona-Lockdown Homeschooling, Arbeit, Kindererziehung und Haushalt irgendwie unter einen Hut bringen und weisst nicht mehr, woher Du die Kraft dazu nehmen sollst? Hast Du eine to-do-Liste, die niemals zu enden scheint, so sehr Du Dich auch anstrengst? Macht Dich das langsam fertig?

 

Ich glaube diese Gefühle hat jede/r Alleinerziehende ab und zu. Das Bedürfnis einfach Mal Zeit für sich zu haben, zu entspannen, Nichts zu tun. Das Gefühl den Erwartungen nicht mehr standzuhalten zu können, überfordert und am Ende der Kräfte zu sein. Auch ich kenne das. Manchmal möchte ich einfach den ganzen Tag schlafen, meditieren oder vor dem Fernseher faulenzen.

 

Gefangen im Hamsterrad des Alltags?

«Aber das geht nicht», denkst Du Dir vielleicht. «Ich habe keine Familie im Hintergrund, die mir die Kinder einmal abnimmt. Und ich habe kein Geld mein Kind in eine Betreuungseinrichtung zu schicken und dann statt zur Arbeit zu gehen, einfach Zuhause zu bleiben. Ausserdem gibt es so Vieles zu erledigen, da kann ich nicht einfach nichts tun.» Ich verstehe das und fühle mit Dir. Viele Alleinerziehende sind so im Hamsterrad des Alltags gefangen und/oder haben wenig Unterstützung. Und dennoch ist Gesundheit Dein wichtigstes Gut. Wenn Du Dich schon länger erschöpft fühlst, meinst nun bald zusammenzubrechen und wirklich nicht mehr zu können, dann musst Du etwas ändern. Schnell. Aber was kannst Du tun?

 

Überwinde Deine inneren Antreiber

Wusstest Du, dass es laut einer psychologischen Theorie (Transaktionsanalyse) 5 innere Antreiber gibt, die unser Denken und Handeln steuern? Sie lauten:

 

1. Sei perfekt!

Der innere Antreiber "sei perfekt" sorgt dafür, dass Du etwas so gut machen möchtest, wie Du es kannst oder noch ein bisschen besser. Sei genau und fehlerlos und das immer, flüstert Dir dieser innere Antreiber zu. Denn sonst bist Du nicht gut genug, ergänzt er. 

 

Positive Eigenschaften

  • Gute Ergebnisse
  • Exaktheit

Negative Eigenschaften

 

  • Langsames Vorankommen
  • Verzettelung in Nebensächlichkeiten

 

2. Mach es Allen recht!

Sei immer freundlich, liebenswürdig und ecke ja nicht an. Denn wenn Du «nein» sagst, wirst Du nicht mehr gemocht. Dann entstehen Konflikte und Du wirst ausgegrenzt, säuselt Dir dieser "nette" Gefährte zu. Er versucht Dich immer wieder davon zu überzeugen, dass deine eigenen Bedürfnisse nicht wichtig sind, auf jeden Fall unwichtiger als die Bedürfnisse aller anderen.

 

Positive Eigenschaften

  • Empathie
  • Sozial gut integriert

Negative Eigenschaften

 

  • Vernachlässigen eigener Bedürfnisse
  • Fokus auf andere

 

3. Streng Dich an!

Was? Du hast Deine to-do-Liste noch nicht abgearbeitet? Dann streng Dich mehr an. Du kannst nicht mehr? Halte durch. Du musst es schaffen, denn sonst bist Du nicht gut. Nicht gut genug jedenfalls für diesen inneren Antreiber. 

 

4. Sei stark!

Ich brauche Niemanden. Ich komme alleine zurecht. Ich beisse die Zähne zusammen und lasse keine Schwäche oder Gefühle zu. Dieser Antreiber kann Dich zu einem Einzelkämpfer machen. Hart und wenig empathisch.

 

Positive Eigenschaften

  • Autorität (bis hin zur Dominanz)
  • hohe Belastbarkeit

Negative Eigenschaften

  • Keine Gefühle zeigen
  • Keine Hilfe annehmen

 

5. Mach schnell!

Ich muss mich beeilen. Immer vorwärts, ohne Pause. Ich darf keine Zeit verschwenden und muss Alles gleichzeitig tun. Wenn ich meine Ziele nicht rechtzeitig erreiche, ist alles vorbei - dies will Dir der letzte innere Antreiber weiss machen.

 

Positive Eigenschaften

  • Speditives Vorankommen
  • Hohe Entscheidungsfreudigkeit

Negative Eigenschaften

 

  • Ungenauigkeit
  • Fehleranfälligkeit

Ist Dir aufgefallen, dass ich ab Antreiber 4 von der "Du-" in die "Ich-Form" gewechselt habe? Das habe ich gemacht, um Dir einen Mechanismus aufzuzeigen, der das Leben der Meisten bestimmt: die Identifikation. Denn in der Regel sind wir mit unseren Antreibern identifiziert, d.h. wir haben sie uns zu eigen gemacht. Wir bemerken nicht, dass uns einer der 5 Antreiber etwas ins Ohr flüstert. Wir denken, dass wir mit uns selbst reden und unsere eigenen Bedürfnisse erfüllen, wenn wir ihnen nachgeben.

 

Die Antreiber: Fluch oder Segen?

Diese 5 Antreiber müssen nicht schlecht sein. Sie sorgen dafür, dass wir Dinge anpacken, gleichzeitig kompromissbereit und erfolgsorientiert sind und ständig versuchen unsere Ziele zu erreichen ohne, dass wir dabei unser soziales Umfeld verärgern. Ausserdem sind die Antreiber bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Männer meinen häufig stark sein zu müssen, während Frauen eher gelernt haben, dass sie es Allen recht machen sollten. Bei manchen Menschen ist einer der Antreiber sehr dominant, bei anderen quäken alle 5 durcheinander.

 

Gefährlich werden die inneren Antreiber, wenn sie so stark werden, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse vernachlässigen, um ihnen gerecht zu werden. Dann werden sie zu übermächtigen Sklaventreibern, die uns unglücklich machen und in die Erschöpfung führen können.

 

Wie kann ich dafür sorgen, dass es mir besser geht?

Wenn Du also bereits erschöpft und am Ende Deiner Kräfte bist, wenn Du meinst keine Sekunde Zeit für Dich zu haben und immer weiter im Hamsterrad rennen zu müssen, dann tu mir (und Dir) den Gefallen und halte inne. 

Mach den Abwasch erst am nächsten Tag, setze die Kinder (ausnahmsweise) vor den Fernseher oder verschaffe Dir anderweitig ein wenig Zeit. Versuche Dir ein wenig Ruhe zu gönnen. Lasse Dir ein Bad ein, lege Dich einfach Mal 20 Minuten aufs Sofa, höre Musik, meditiere... was immer Dir gut tut. Wenn es Dir gelungen ist, ein wenig herunterzukommen, dann setze Dich mit einem Blatt und einem Stift oder Deinem Laptop hin und überlege, wie Du aus dem Überforderungskreislauf ausbrechen könntest.

 

 

Tipp 1: Ermittle deine inneren Antreiber. Finde heraus, welcher von ihnen so stark ist, dass er destruktiv wirkt und überlege, wie Du seinen Einflüsterungen ein Schnippchen schlagen kannst. 

 

Tipp 2: Schaffe Dir kleine (Zeit-)Inseln im Alltag, in denen Du bewusst abschaltest.

 

Tipp 3: Überlege, was Dir gut tut und integriere es in deinen Alltag.